Corona-Krise: Lokale Unternehmen kämpfen

Sylvia Anacker in ihrer Boutigue
Unternehmer in der Corona-Krise

Binnen drei Monate überrollte die Corona-Krise die Welt und brachte unsere gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten größtenteils zum Erliegen – so auch im Kreis Mettmann. Wir haben zwei Unternehmer*innen aus dem Kreis gefragt, wie sie mit der Corona-Krise umgehen. Zwei Unternehmen, die für viele stehen.

Sylvia Anacker ist Einzelhändlerin in Monheim. Erst im Mai vorigen Jahres wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete ihre Boutique „Shoebird“ in der Innenstadt. Eigentlich erwartete Sylvia im März den saisonalen Aufschwung in der Modebranche. Aber das Gegenteil trat ein. Der Umsatz ging von jetzt auf gleich auf null runter, aber die anderen Geschäftsverbindlichkeiten liefen weiter. Sommerware wird geliefert, Rechnungen fliegen ins Haus, die nächste Miete wird fällig. Die Corona-Krise schlägt durch. Doch es gibt Solidarität: „Gerade die kleineren Lieferanten stellen Lieferungen ein und valutieren Rechnungen“, berichtet Sylvia. Aushelfen tat ihr im Laden eine Minijobberin. Bis jetzt zahlt Sylvia ihr weiterhin das Gehalt, doch wenn die Schließungen weiter andauern, wird auch ihr die notwendige Liquidität dazu fehlen. Dann bliebe ihr nur noch Kündigung, weil Kurzarbeitergeld in diesem Fall nicht zu beantragen sei. Sylvia hofft nun auf einen schnellen Zugang zu den staatlichen Zuschüssen. Kredite und Fonds möchte sie nicht in Anspruch nehmen.

Denn: Ihren Traum vom eigenen Laden konnte sie bis jetzt aus eigener Tasche finanzieren und schätzt sich glücklich: „Wenn ich Kredite nicht bedienen könnte oder Schulden hätte, dann hätte ich sicherlich schlaflose Nächte“, so die Monheimern.

Sylvia bietet online ihre Ware an

Mit Flyern möchte die Boutique-Inhaberin in den letzten noch geöffneten Geschäften auf ihre Mode aufmerksam machen und dass man diese nun online erhalten kann. Bisher kann sie auf ein paar Stammkunden zählen. „Ich habe große Hoffnung, dass Deutschland rechtzeitig reagiert hat und wir bald zum normalen Leben zurückkehren können“, wünscht sich Sylvia für uns alle. So wie Sylvia bieten viele derzeit ihre Ware online an und hoffen, dass die Kunden vor Ort darauf mit Kaufkraft reagieren.

Roland Schüren ist Inhaber einer Bäckereikette. Seit der Krise sei in seinem Betrieb jeder Tag, jede Stunde anders, sagt der Bäckermeister. Anfangs seien die Umsätze noch überaus gut gewesen, selbst nach der Schließung der Cafébereiche. Denn weil auch Gastronomiebesuche wegfielen und man weniger in Urlaub fuhr, wurden die Verluste aus dem Cafébereich durch die zunehmende Versorgung an der Theke ausgeglichen.

„Kurz vor der Kontaktsperre fingen die Zahlen an zu bröckeln“, erinnert sich Roland. Der Kaufmann entwickelte einen „Notplan“, um sein Unternehmen über Wasser zu halten: Reduzierung des Produktionsprogramms und der Arbeits- und Öffnungszeiten. Seine Angestellten teilte er in zwei Teams ein, die unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten arbeiten, damit man im Falle einer Corona-Infektion nicht schließen müsse. Schließlich beantragte man für ab April Kurzarbeitergeld, weil die Situation anders nicht mehr wirtschaftlich tragbar und verantwortbar sei.

Der Unternehmer versucht zudem seinen Mitarbeiter*innen über klare Regeln ein Gefühl von Sicherheit zu geben: Tägliche Infoschreiben wie über Hygienemaßnahmen, geänderte Arbeits- und Öffnungszeiten, aber auch die zunehmende, an sie herangetragene Verunsicherung der Kunden hätten in den letzten Wochen zu einer immensen Belastung geführt. Jetzt könne man wieder durchatmen. „Alle ziehen am gleichen Strang, egal welcher innerbetrieblichen Stellung, welchen Geschlechts oder kultureller Herkunft sie zugehören“, sagt Roland stolz.

Verkauf von Mehl als Reaktion auf Hamsterkäufe

Weiterhin versichert der Diplom-Betriebswirt, dass seine Lieferkette voll intakt ist und Versorgungsengpässe nicht sichtbar seien. Deshalb könne man auch von Hamstereinkäufen betroffene Kunden unterstützen, indem man an sie selbst abgepacktes Bio-Weizenmehl und Bio-Dinkelmehl in den Filialen verkauft. „Ich bin voller Zuversicht, dass wir alle und die Politik gestärkt aus dieser Krise hervorgehen“, so Roland und ist sich sicher, wir alle in Deutschland hätten den Teamgeist, um das zu schaffen.

„Derzeit haben im Kreis 3000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet“, sagt Kreis-Grünen-Sprecherin Ina Besche-Krastl. Die lokalen Unternehmen bräuchten derzeit „unser aller Unterstützung“.

Für weitere Informationen zu staatlichen Hilfsmaßnahmen weisen wir auf folgende Links hin:

https://www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/coronavirus.html#id1694894